Bäng! Bäng!
Inzwischen hast Du eine ungefähre Vorstellung von unserer täglichen Routine: Wir greifen uns Musik, hören rein und wenn es uns gefällt, dann rufen die Nachbarn die Bullen oder feiern mit uns Party. Und irgendwann, meistens dann, wenn wir unseren Kater wieder einigermaßen im Griff haben, schreiben wir was dazu. Auch wenn es schön wäre, ganz so läuft es meistens nicht. Partys sind nicht an der Tagesordnung. Das Umziehen und Renovieren geht auf Dauer ganz schön ins Geld. Darum laufen Alben meistens auf Zimmerlautstärke.
Unsere Nachbarschaft hat sich mit uns arrangiert: Wir liefern Musik, dafür dürfen die Rasen mähen, Laub pusten und kläffende Hunde haben. Hat jeder was von. Interessant wird es, wenn wir Alben in die Finger kriegen, die uns an den Eiern packen. Da muss man gar nicht erst bei den Anderen Bescheid sagen. Man spürt es und hört es. Wenn Deine Kaffeetasse auf dem Schreibtisch anfängt zu tanzen, dann weißt Du, dass wieder irgendjemand etwas Spezielles entdeckt hat.
Was hat das alles mit Herbst in Peking zu tun? Alles. Es begann alles ganz harmlos. Splitter Der Schöpfung kam hier an, wie die meisten anderen Alben auch, lag im Redaktionsarchiv und niemand fühlte sich so richtig zuständig. Ich mich auch nicht. Ich hatte zwar kurz in den Teaser reingehört, das Album dann aber wieder vergessen. Bis heute. Das gelbe Cover stach aus dem „wird langsam Zeit“-Stapel hervor. Ich erinnerte mich wieder an den Teaser. „Ach ja, da wolltest Du noch mal in Ruhe reinhören.“
In Ruhe. Netter Versuch. Herbst in Peking – Splitter der Schöpfung macht Dinge mit Dir. Die Musik wird ganz von selbst mächtig, raumgreifend und präsent. Der Griff geht immer wieder zum Lautstärkeregler. Kleines bisschen mehr Druck noch. Eintauchen, drin sein. Getragen werden von einer Atmosphäre, die Knöpfe drückt. Diese Stimme. Sie ist überall, durchdringt alles und doch ist sie nicht richtig greifbar, wie ein Erzähler aus den Off, erinnert mich irgendwie an Bela. Doch die Musik ist anders.
Die Hand am Lichtschalter, die andere am Weltempfänger
Die Texte sickern langsam in den Kopf, schleichen sich ein. Mehr und mehr zieht die Musik mich in ihren Bann. „Was singt der da? Mach mal lauter!“ „Lassen uns vermissen den feuchten Hieb von Tinte auf Papier… und dann? Was war das?“ „ich glaube, Ihr seid gar nicht von hier“ „Fett!“ Zu zweit stehen wir vor den Boxen, nicken im Rhythmus zum Takt, sinnieren über den Text, sehen uns immer wieder mit anerkennend hochgezogenen Augenbrauen an. Die Stimme in den Boxen wird zu einem Flüstern. „Keiner wird es je verstehen, dass der Mond die Sonne mag, vor lauter Sehnsucht nach dem Tag.“
In unseren Köpfen ergibt es Sinn. Wir können es nicht in Worte fassen, aber wir spüren es. Wir bekommen frischen Kaffee. „Wasn das?“ „Herbst in Peking“ sagen wir wie aus einem Mund. Ich reiche das Cover rüber. „Das ist cool. Mach mal lauter.“ Klar, da geht noch was. Tiefgründige Faszination ballert uns um die Ohren, drückt mächtig. Als Herbst in Peking dann auf Splitter der Schöpfung so richtig los rockt, sind wir uns einig: Das hier ist etwas Besonderes. Das hier ist Musik für den Kopf, die den Umweg über den Arsch nimmt.
Wir sind einer Meinung: Es ist lange her, dass ein so ruhiges Album so dermaßen Hintern getreten hat. Musik, die Emotionen auf allen Ebenen, in allen noch so kleinen Details transportiert und gleichzeitig etwas zu sagen hat, ohne es direkt auszusprechen. Diffus, verworren und doch glasklar. Genauso, wie die Gedanken in meinem Kopf. Die Aussage entsteht in Dir. Was Du daraus machst, kommt aus Dir. Die Musik hilft Dir nur beim Loslassen, sorgt dafür, dass Deine Gedanken ihre eigenen Wege gehen.
Eigentlich reicht zu Herbst In Peking – Splitter der Schöpfung ein Satz: Alter, ist das geil! aber das wäre dann doch etwas mau zu lesen. Wir finden dieses Album nicht etwa deshalb so geil, weil es gnadenlos frontal losballert oder weil es die ultimative Kneipenscheibe ist. Auch das ist Splitter der Schöpfung irgendwie, aber es ist mehr. Es kann für Dich das Album sein, das nebenher läuft, oder das Album, dass Deine Fenster aus dem Rahmen drückt. Es kann Dein Album zum Träumen sein, oder die ultimative Scheibe zum Abspacken.
Wir feiern das Album heftig, jeder für sich aus ganz unterschiedlichen Gründen. Der eine feiert den lässigen Beat, der andere, weil es seine Stimmung gerade voll trifft. Splitter der Schöpfung ist vielseitig und vielschichtig, die Texte sind intelligent und kreativ. Alles zusammen entfacht eine Wirkung, die man erleben muss. In Ruhe. Laut.
Herbst In Peking – Splitter der Schöpfung erscheint am 29.04.2016 bei Peking Records / Moloko +
Offizielle Webseite von Herbst In Peking
Herbst in Peking auf Facebook
Aktuelle Tourdaten von Herbst In Peking
29.04. Cottbus – Bebel
04.05. Bad Salzungen – Pressenwerk
05.05. Berlin – Jägerklause (Record Release)
06.05. Schwerin – Angler II
07.05. Salzwedel – Crazy World