No More – Silence & Revolt: Der Underground lebt!

Suicide Commando ist nicht nur der Name einer belgischen Band, sondern auch Titel des Songs, von dem diese Band ihren Namen übernommen hat. Der Song stammt ursprünglich eben nicht von irgendeinem rampeligen Techno-DJ (wie ein Bekannter zu meinem maßlosen Entsetzen mit Überzeugung behauptet), sondern von der Kieler Band „No More“. Anfang des Monats haben No More mit „Silence & Revolt“ ein wundervoll atmosphärisches Album veröffentlicht.

No More als „Urgestein“ zu bezeichnen ist einerseits zwar richtig, aber andererseits trifft es den Punkt nicht so recht. Musikalisch gehört die Band schon zu den Wegbereitern und Vorbildern vieler anderer Bands. Sie schaffte es, international zu beeindrucken und wahrgenommen zu werden, was nicht vielen Bands aus Deutschland gelang. Der 1981 als Single veröffentlichte Song „Suicide Commando“ (siehe unten) gilt vielen noch heute als Ausdruck und Inbegriff des Undergrounds der 1980er Jahre. Silence & Revolt führt dieses Gefühl nicht nur weiter, sondern lebt ein nahezu zeitloses Musikgefühl, das heute vielen Bands verloren gegangen scheint.

Silence & Revolt ist keine Zeitreise im Sinne einer Retro-Erfahrung oder gar das Aufkochen ausgelatschter Musik, im Gegenteil. Musikalisch ist das Album zeitgemäß und modern, stellenweise fast Avantgarde. Es ist rund, stimmig, ausgewogen, sorgfältig auf Wirkung und Zusammensetzung abgestimmt. Es ist mit einem Wort „gelungen“ – im wahrsten Sinne des Wortes. Das Gefühl der Zeitreise stellt sich wohl speziell für diejenigen ein, die den Underground der frühen 80er selber miterlebt haben, oder wenigstens die Musik von damals und das damit verbundene Lebensgefühl aus Erzählungen kennen.

Melancholisch sind die Songs und rufen bei mir viele Erinnerungen wach. Die Musik ist nicht aufdringlich, aber auch nicht zurückhaltend. Das punkige ist mehr in den Hintergrund getreten und macht Raum für eine düstere(re) Grundnote. Begriffe wie „unverkrampft“, „lässig“, „selbstbewusst“ kommen mir zur Stimmung des Albums in den Sinn. No More verlässt sich zurecht auf die Wirkung des Gesangs und der minimalistisch begleitenden, eher unterstützenden Instrumente. Dadurch entsteht diese spezielle Atmosphäre, die einer gefühlten Zeitreise nahekommt.

No More – Silence & Revolt ist nicht nur für Veteranen des Undergrounds der 80er ein „must have“. Das Album transportiert das spezielle Gefühl und den Zeitgeist jener Zeit ins hier und jetzt. No More erschaffen auf Silence & Revolt ein Bild ihrer Welt, die zwar aus einer anderen Zeit zu stammen scheint, aber vielleicht gerade deshalb bewundernswert ernsthaft und lebendig ist und so eine auf ihre eigentümliche Art zeitlose Gültigkeit transportiert.

No More – Silence & Revolt ist erschienen am 31.07.2015 bei rent a dog / Alive / finetunes

Suicide Commando:

 

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